Der Mensch hinterlässt Spuren. Nicht nur, wenn er achtlos Müll an den Straßenrand wirft, nein, auch ganz generell und mittlerweile auf der ganzen Welt. Sogar in den Erdschichten, die das Alter der Erde verraten, werden Spuren von unserem Leben und unserer Zivilisation zu finden sein. Genau deswegen fordern immer mehr Forscher ein neues Erdzeitalter, dass des Menschen, das Anthropozän.
Woher kommt und warum brauchen wir es?
Aktuell leben wir im Zeitalter des Holozäns, dass ebenfalls erst vor kurzem ausgerufen worden war. Das ging dem Forscher Paul Crutzen aber nicht weit genug. Auf einem Kongress fragte er seine Kollegen, wieso sie der Meinung seien, dass wir im Holozän leben. Er sagte, wir leben im Anthropozän und seither prägte er den Ausdruck, verwendetet ihn in seinen Forschungsarbeiten und immer mehr seiner Kollegen und Kolleginnen nahmen daran teil. Am 29. August 2016 hat eine weitere Forschergruppe dann offiziell das Anthropozän ausgerufen und damit dafür gesorgt, dass sich Geologen weltweit nun die Frage stellen müssen: Brauchen wir ein neues Zeitalter für die Zeit des Menschen? Immerhin hinterlassen wir ganz klare und eindeutige Spuren in den Gesteinsschichten des Planeten?
Erfunden wurde der Begriff ursprünglich, um auf die Endgültigkeit des menschlichen Handels hinzuweisen. Egal was wir tun oder besser gesagt wie wir mit unserer Umwelt umgehen: Es wird von Dauer und nicht so einfach rückgängig zu machen sein, wie etwa ein falsch gebautes Gebäude.
Gerade deswegen werden die Veränderungen, die der Mensch auslöst, immer nachweisbarer und er nimmt damit einen erheblichen Einfluss auf die Erdgeschichte. So gibt es etwa heute kaum noch einen Flecken, der unberührt und als Urerde bezeichnet werden kann. Nahezu alles hat der Mensch bereits erforscht und sich zu eigen gemacht. Plastik und weitere sogenannte Technofossilien finden sich schon heute zuhauf. Die industriellen Spuren lassen sich nicht leugnen. Gerade auch der dadurch ausgelöste CO2-Anstieg in der Atmosphäre zeichnet sich im Meer als verstärkte Kalkablagerungen ab und hinterlässt damit wohl die sichtbarsten Spuren in den Sedimenten.
Deswegen sollte das Anthropozän als Warnung verstanden werden und nicht nur als bloße Festlegung. Allerdings gibt es noch Streitigkeiten um den Namen, denn manche möchten es lieber Plastizän (Zeitalter des Plastiks), Pyrozän (Zeitalter des Feuers) oder Homozän (Zeitalter des Homo Sapiens) nennen.
Das muss die internationale Kommission in den kommenden Jahren noch ausgiebig klären.
Wie misst man überhaupt die Erdgeschichte?
Und was wird bleiben? Man könnte jetzt meinen, dass die großen und überragenden Städte der menschlichen Zivilisation noch Ewigkeiten überdauern werden. Geologen müssen da schmunzeln, denn diese werden als erstes verschwinden. Das Wetter trägt unsere großen Städte schnell ab und die Erosion wird sie letztlich nahezu restlos verschwinden lassen. Was bleiben wird, sind Spuren der Landwirtschaft. Was wir mit dem Boden anstellen wird am ehesten noch in Millionen Jahren zu finden sein.
Aber wie misst man denn nun die Erdgeschichte? National Geopraphic hat das schön zusammengefasst:
„Im Geologenjargon sind Epochen relativ kurze Zeitspannen, auch wenn sie einige Millionen Jahre umfassen können. Mehrere Epochen bilden eine Periode wie das Ordovizium (das rund 50 Millionen Jahre währte) oder die Kreidezeit (80 Millionen Jahre). Die Kreide wiederum bildet zusammen mit Jura und Trias die Ära des Erdmittelalters, des Mesozoikums, das 185 Millionen Jahre dauerte. Unsere Ära, das Känozoikum, die Erdneuzeit, begann vor 65 Millionen Jahren, mit dem Ende der Dinosaurier. Die bislang jüngste Epoche der Erdneuzeit ist das Holozän. Grenzen zwischen Epochen sind an Veränderungen im Sedimentgestein zu erkennen, an Schichten, wie wir sie im schottischen Hochland angeschaut hatten. Sie unterscheiden sich durch das Auftauchen eines neuen Typs fossiler Tierarten oder das plötzliche Verschwinden anderer Arten.“
(von Jens Neumann und Edgar Rodtmann/Link: klick mich)
Wo soll das Anthropozän beginnen?
Diese Frage stellt sich heute die gesamte geologische Forschungswelt. Manche meinen, mit dem Beginn der Industrialisierung begann der Mensch seine überdauernden Spuren zu hinterlassen. Andere sehen die erste Atombombe als Startpunkt, denn die Tests und das radioaktive Material wird noch Ewigkeiten nachweisbar bleiben. Wieder andere setzen den Startpunkt noch früher und sehen schon die ersten Nachweise für Ackerbau und für Städtebau als beste Startpunkte.
Einige sagen auch, dass es erst die heutige Zeit ist, da unter unserer Obhut momentan unzählige Tier- und Pflanzenarten aussterben und ihre Skelette und Überreste dann relativ plötzlich aus den geologischen Sedimenten verschwinden werden.
Schon mit dem Straßenbau und dem Anlegen von Wegen hat der Mensch bereits in die Natur eingegriffen und das Tempo nimmt seitdem stetig zu.
Die Folgen?
Die Folgen des menschlichen Treibens, dass das Anthropozän anprangert, sind schon oft gehörte. Dank des von uns verursachten Klimawandels können wir uns von einem stabilen Klima, das wir die letzten 12.000 Jahre genießen konnten, verabschieden. Das Wetter wird damit ebenfalls immer unberechenbarer und das erfordert, dass wir uns in vielerlei Hinsicht anpassen müssen. Da der Meeresspiegel steigen wird, flüchten auch noch mehr Menschen und wir müssen mit einer gewissen Massenmigration in die noch bewohnbaren Gebiete zurechtkommen. Eine Frage unterdessen wird bleiben: Kann der Mensch mit seiner erworbenen Intelligenz den Wandel verstehen und wird er sich anpassen können?
Die abschließende Entscheidung, ob das Anthropozän offiziell eingeführt wird, oder nicht, steht noch aus. Die nächsten Jahre werden es zeigen und immer genauere Messverfahren werden dann auch zu Tage fördern, ab wann man menschliche Spuren bereits im Sediment nachweisen kann. Der menschliche Einfluss an sich ist aber unumkehrbar und wird es wohl auch immer bleiben.
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